Stellungnahme von Zielgenau e. V. zur Rücknahme von Capmatinib (Tabrecta®) vom deutschen Markt durch Novartis

Erneut wurde in der vergangenen Woche mit dem MET-Inhibitor Capmatinib (Tabrecta) von der Novartis Pharma GmbH ein modernes Krebsmedikament vom deutschen Markt genommen, das seinen Zusatznutzen nicht im G-BA belegen konnte. Deshalb konnte in den Verhandlungen des Herstellers mit dem GKV-Spitzenverband keine Vereinbarung für eine Erstattung getroffen werden.

Therapie-Sicherheit für Patienten gewährleisten
Wir erwarten, dass Medikamente, die in Deutschland zugelassen und gemäß gültigen Leitlinien empfohlen werden und im Klinikalltag erwiesenermaßen wirksam sind, uns Patienten auch sicher zur Verfügung stehen. Patienten wurden auf das Medikament eingestellt, erleben die Wirkung, haben Vertrauen und nun berechtigte Sorge, ob sie es im europäischen Ausland oder von Übersee mit großem Aufwand besorgen können, sie es von ihrer Krankenkasse genehmigt bekommen. Oder wieder einen Therapiewechsel auf Tepotinib (Tepmetko) vornehmen müssen, solange nicht auch das Ausweichmedikament von Merck Europe B.V. möglicherweise vom deutschen Markt genommen wird. Eine belastende Situation, in der die Patienten nur Zuschauer sind.

Innovative Medikamente vs. veraltete Methoden
Als mindestens genauso wichtig erachten wir, die Überprüfung und Weiterentwicklung der Bewertung von Registerdaten in den Vorgaben zur Nutzenbewertung von Medikamenten. Und mahnen dies an. Für uns Lungenkrebspatienten stehen mit den Daten aus dem nNGM und CRISP qualitativ hochwertige Daten zur Verfügung.
Die Präzisionsonkologie bringt immer kleinteiligere Patientengruppen hervor (für Capmatinib liegt die Schätzung der Fachgesellschaft DGHO bei 200-400 Patienten im Jahr), die mit anderen seltenen Erkrankungen zunehmend das Problem haben werden, den Zusatznutzen über die althergebrachten (und durchaus berechtigten) Methoden wie RCTs zu belegen. Die Rekrutierung dauert dann so lange, dass sie nicht mehr durchführbar und bei erwiesen wirksamen Medikamenten der Vergleichsarm mit Chemotherapie auch nicht mehr ethisch vertretbar ist.

Präzisionsonkologie braucht neue Ansätze
Wir appellieren also an das IQWiG, den G-BA, die Pharmafirmen, den GKV-Spitzenverband und alle beteiligten Stakeholder, mit den Ärzte- und Patientenvertretern gemeinsam eine an die Realitäten der Präzisionsonkologie angepasste Nutzenbewertung zu entwickeln und zu sichern, um somit zu fairen Bedingungen, als wirksam zugelassene Medikamente an den Patienten zu bringen. Qualitativ hochwertige Registerdaten müssen dabei endlich auch genutzt werden.
Ein erster Schritt könnte die Verpflichtung sein, dass ein zugelassenes Medikament länger als ein Jahr zu festen und kalkulierbaren Preisen am Markt ist und sich die Ärzte im Gegenzug dazu verpflichten, weitere Daten den Studienzentren zur Verfügung zu stellen. Um ein breites Bild zum Zusatznutzen zum Zeitpunkt der Bewertung durch den G-BA zu haben.
Denn hinter den Zahlen zum progressionsfreien Überleben und dem Überleben stehen Menschen, die mit modernen Medikamenten weiter am Leben teilnehmen können, als Mutter, Vater, Kind, Wähler, Konsument und Steuerzahler.

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