HER2-positiver Lungenkrebs

Kurz-Info

HER2-positiver Lungenkrebs

HER2 (auch ERBB2 genannter)-positiver Lungenkrebs ist eine spezielle Art von Lungenkrebs, bei der eine aktivierende Mutation im Gen (ERBB2) des „humanen epidermalen Wachstumsfaktors Rezeptor 2“ (auf Englisch: „human epidermal growth factor receptor 2“, abgekürzt: HER2) vorliegt.

Diese seltene Treibermutation kann auch bei anderen Krebserkrankungen auftreten.

Treibermutationen beim Lungenkrebs – HER2

Nur circa 3 Prozent aller Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) sind „HER2-positiv“. Lungenkrebs mit einer HER2-Treibermutation ist damit selten – im Gegensatz zu Lungenkrebs an sich. Lungenkrebs ist mittlerweile für Männer und Frauen die zweithäufigste Krebserkrankung in Deutschland. Jährlich werden etwa 59.700 Menschen neu diagnostiziert, davon etwa 34.700 Männer und 25.000 Frauen. (1) HER2 als mögliches Target kennt man schon lange (seit einigen Jahrzehnten) vom Brustkrebs.

Besonderheiten des HER2-positiven Lungenkrebses

HER2-positive Tumore wachsen oft aggressiver. Das mediane Erkrankungsalter liegt bei ca. 70 Jahren. HER2-Patienten sind größtenteils weiblich und oftmals Nichtraucher (die, die bis vor vielen Jahren wenig geraucht haben) und Nieraucher.

Was genau ist HER2-positiver Lungenkrebs?

HER2 ist eine Rezeptor-Tyrosin-Kinase (Zelloberflächenrezeptor) ähnlich EGFR (oder HER1) und findet sich nahezu ausschließlich bei Adenokarzinomen. Man muss hier unter drei Veränderungen unterscheiden:

  • Aktivierende Mutation: beschreibt eine Überaktivierung des dahinter liegenden Signalweges innerhalb der Zelle. Dies ist für HER2-positiven Lungenkrebs entscheidend.
  • Expression: „Normales“ Protein findet sich vermehrt (zu viel) auf der Zelloberfläche. Beim Brustkrebs spricht man von „HER-positiv“, wenn eine vermehrte Expression vorliegt.
  • Amplifikation: Steht für eine Vermehrung von DNA-Abschnitten (das Gen ist quasi mehrfach hintereinander geschaltet). Bei Brustkrebs ist die Amplifikation fast immer der Grund für eine verstärkte Expression, beim Lungenkrebs beobachtet man diesen Zusammenhang nicht.

Wie wird HER2-positiver Lungenkrebs diagnostiziert?

Die einzige Methode, Treibermutationen wie HER2 beim NSCLC zu finden, ist eine „molekulare Diagnostik“. Oft ist auch von „genetischer Biomarker-Testung“ die Rede, von einer „molekularpathologischen Untersuchung des Gewebes“ oder von einem „NGS-Test“ (Next-Generation-Sequencing-Test). Da es für HER2 noch keine spezifische zugelassene Behandlungsoption gibt, wird diese Mutation nicht immer routinemäßig erfasst.

Allerdings findet man über das nationale Netzwerk Genomische Medizin Lungenkrebs nNGM Unikliniken, zertifizierte Lungenkrebszentren oder Praxen, die eine solche molekulare und vor allem komplette Diagnostik durchführen können. Über dieses Netzwerk haben Patienten auch einen leichteren Zugang zu klinischen Studien und zu neuen innovativen Medikamenten vor der Zulassung.

Die Kosten für eine moleklare Diagnostik übernimmt die Krankenkasse. Ansprechpartner, auch für eine Zweitmeinung, findest Du über die Arztsuche auf der nNGM-Webseite (https://nngm.de/arztsuche-lungenkrebs-netzwerkpartner/).

Im nationalen Netzwerk Genomische Medizin (nNGM) erhalten alle Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs in fortgeschrittenem Stadium eine umfassende molekulare Diagnostik.

Die Kosten für Testung und Beratung übernehmen die Kranken­kassen.

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Prognose des HER2-positiven Lungenkrebses

HER2-positive Patienten zeigen eher aggressives Tumorwachstum und haben daher eine etwas schlechtere Prognose. Allerdings haben sich gerade in den letzten Jahren interessante – auch zielgerichtete – Optionen ergeben.

Therapiemöglichkeiten des HER2-positiven Lungenkrebses

Sofern bereits Stadium IV diagnostiziert wurde, ist dieser Krebs leider nicht heilbar. Viele Patienten können allerdings Jahre mit dieser Art Lungenkrebs leben, sofern man die Erkrankung in einen chronischen Status überführen kann.

Die Standard-Erstlinien-Therapie beim HER2-positiven Lungenkrebs besteht derzeit aus einer kombinierten Chemo-/ Immuntherapie. Insbesondere die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren scheint hier eine gute Wirksamkeit zu zeigen, ungeachtet des PD-L1-Expressions-Status.

Die einzig zielgerichtete Therapie gegen die HER2-Mutation, -Expression als auch -Amplifikation ist derzeit allerdings nur für Brustkrebs zugelassen. Es handelt sich um das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab/Deruxtecan und ist unter dem Handelsnamen Enhertu erhältlich. Es besteht aus einem gegen den HER2-Rezeptor gerichteten Antikörper, an den ein Chemotherapeutikum gekoppelt ist. Erste Studien zeigen generell hohe Ansprechraten (> 50 %). In den USA wurde das Präparat kürzlich für das NSCLC zugelassen und kann daher für einen Off-Label-Use über internationale Apotheken bezogen werden. Hier sollte im Vorfeld die Kostenfrage geklärt werden, da die Krankenkassen nur in bestimmten Fällen off-label übernehmen. Derzeit läuft in Köln die aktive Studie Destiny-Lung04 zur Erstlinienbehandlung.

Ebenfalls unter off-label fällt Trastuzumab-Emtansin. Die Wirkungsweise und Zulassung ist ähnlich dem oben genannten. Der Einsatz beider Präparate sollte erst beim Versagen der Chemo-/ Immuntherapie erwogen werden.

Am 20.04.2023 ist in Köln zudem eine Studie mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor für alle Therapielinien gestartet. Die Ergebnisse beider Studien werden mit Spannung erwartet.

Studiensuche: Über aktuelle klinische Studien kann man sich informieren unter
https://www.zielgenau.org/diagnostik-und-therapie/studiensuche/.

Ansprechpartner für die HER2-Patientengruppe

Peter Sas, Kontaktmöglichkeit per E-Mail: .

Weiterführende Informationen für HER2-positive Lungenkrebspatienten

Arztsuche auf der nNGM-Webseite:
https://nngm.de/arztsuche-lungenkrebs-netzwerkpartner/

Geschlossene Facebookgruppe HER2-positiv Deutschland
https://www.facebook.com/groups/930735421141400/

Treibermutationen: Informationen zu den einzelnen Medikamenten zum Einsatz in der Erstlinie, Möglichkeiten nach Versagen der TKI-Therapie, Studien etc. finden sich auf der nNGM-Seite unter Treibermutationen: https://nngm.de/patienten/treibermutationen/

Studiensuche: Über aktuelle klinische Studien kann man sich informieren unter https://www.zielgenau.org/diagnostik-und-therapie/studiensuche/

Aktuelle S3-Leitlinie „Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms“: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/lungenkarzinom/

Überblicksvideo zum HER2-Lungenkrebs auf dem Youtube-Kanal OncoEducation von Dr. Matthias Scheffler vom CIO Köln/nNGM: „Krebsmutationen: HER2 oder Innovation von Expression zu Mutation“

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