Ganzheitliche Medizin

Ganzheitliche Medizin

Medizin soll nicht nur die Symptome behandeln, sondern den Menschen als ein komplexes System begreifen. Vergleicht man östliche mit westlicher Medizin, wird oft vereinfacht folgende Feststellung getroffen: Westliche Medizin ist hervorragend geeignet, wenn es darum geht, akute Fälle zu behandeln, etwa einen Blinddarmdurchbruch. Östliche Medizin hingegen punktet bei chronischen Erkrankungen, etwa Bluthochdruck.

Hinter diesen Konzepten steht, dass man entweder nur die Symptome im Blick hat. So bekommt man mal als Patient Medikamente gegen Bluthochdruck verschrieben und wird „eingestellt“. Oder aber es fließen weitere Aspekte mit hinein, wie in diesem Fall auch üblich: Es werden die Lebensumstände hinterfragt und der Patient gebeten, ggf. regulierend einzugreifen. Darunter fallen Essgewohnheiten, Körpergewicht, das Maß an Bewegung und Entspannung und mögliche Quellen für psychischen Stress. Besucht man als Patient einen Mediziner, der zusätzlich in TCM – Traditioneller Chinesischer Medizin – ausgebildet ist, wird die Therapie wahrscheinlich noch ergänzt, zum Beispiel um Akupunktur oder bestimmte Kräuter.

Der Mensch als Ganzes

Ganzheitliche Medizin betrachtet also den Menschen als Einheit von Körper, Geist und Seele. Das Konzept wird aber noch weiter gefasst: Der Mensch agiert nicht im luftleeren Raum, sondern hat ein soziales Umfeld, beruflich und privat, er lebt in einem bestimmten Umfeld (Land, Großstadt) und hat vielleicht einen spirituellen Bezug (Religion, Glaube).

Es gibt also viele Stellen, an denen etwas „haken“, aus dem Gleichgewicht geraten – und krank machen kann, wie auch die Psychosomatik weiß. Schieflagen können sich als chronischer Stress, Ängste, Depressionen, Verspannungen, Rückenschmerzen, Erschöpfung, Magenschmerzen und auch Bluthochdruck äußern. Die Seele hat einen immensen Einfluss auf den Körper. Und umgekehrt. Alles hängt mit allem zusammen. Körperliches, geistiges und seelisches Wohlbefinden bedingen sich gleichermaßen.

Hier können Krebspatienten ansetzen. „Was kann ich tun?“ ist mit eine der ersten Fragen, die Patienten stellen. Vielleicht könnte man einen Blick auf Stellen werfen, an denen es „hakt“? Was möchte und kann man ändern, und wie kann man Körper und Seele gleichermaßen im gesamten Therapieprozess stärken? Denn laut der Weltgesundheitsorganisation ist „Gesundheit ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“

Die gesunden Anteile stärken

Dass alles mit allem zusammenhängt und sich gegenseitig beeinflusst, zeigt die Faszien-Forschung. Das ist auch ein gutes Beispiel, wie sich die Medizin an ganzheitliche Konzepte annähert bzw. diese integriert. Denn die Forschung gibt Hinweise, warum Akupunktur wirkt, wie sanfte Bewegungsabläufe beim Yoga, bei Tai Chi oder Qigong das Fasziengewebe beweglich halten und dadurch auch das Immunsystem stärken. Ebenso werden die positiven Effekte von Meditation untersucht, des Singens oder von Spiritualität, der Gedanke, dass man eingebunden ist in ein großes „Ganzes“. All diese Tätigkeiten aktivieren die Selbstheilungskräfte des Körpers, durch Entspannung, die Ausschüttung von Glücks- und die Hemmung von Stresshormonen. In der asiatischen Kultur würde man sagen, dass sie helfen, die Lebensenergie „Chi“ wieder frei fließen zu lassen. Man hilft dem Körper, sich selbst zu heilen.

Ganzheitsmedizin, Komplementärmedizin, integrale Medizin und …?

Ganzheitsmedizin, „Complementary and Alternative Medicine – CAM“, Integrative Medizin, Naturheilkunde, traditionelle Medizin (zum Beispiel chinesische), Komplementärmedizin – die Begriffe sind nicht klar abgegrenzt und definiert. Gemeinsamer Nenner ist, dass zur medizinischen Therapie, ergänzend noch weitere naturheilkundliche Maßnahmen hinzugezogen werden. Neben den oben erwähnten Aktivitäten fallen darunter auch selbst gezogene Brokkolisprossen, Nahrungsergänzungsmittel wie Kurkuma-Kapseln oder eine begleitende Misteltherapie. Oft ist die Evidenz aber nicht oder nicht hinreichend belegt.

Grundsätzlich gilt hier: Auch natürliche Medikamente/Wirkstoffe können Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen haben und müssen mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden. Viele Universitäten bieten für Patienten kostenlose Beratungen an. Grundsätzlich gilt der Rat: komplementäre Maßnahmen dürfen niemals schaden, sie dürfen nur nützen und dürfen nicht zu teuer sein, gerade bei Krebs gibt es viele Scharlatane (die 2000 Euro für eine Geistheilung sind zum Beispiel in einen Urlaub am Meer besser investiert).

Die genannten Begriffe sind dabei klar abzugrenzen von der „Alternativmedizin/alternativen Therapien“, da diese den Ausschluss von erprobten medizinischen Therapieansätzen bedeuten (Alternative zur „Schulmedizin“). Wir als Verein sehen keine „Alternative“ zu einer zielgerichteten, personalisierten Medizin.

Weiterführende Links:

Komplementärmedizinische Beratung erhält man zum Beispiel im CIO Köln (https://krebszentrum-cio.de/leben-mit-krebs/komplementaermedizin) oder im Tumorzentrum der Universität München (https://www.tumorzentrum-muenchen.de/komplementaermedizin.html)

CIO-Vortrag: “Singen ist Leben – zu den gesundheitsfördernden Effekten des Singens bei einer Krebserkrankung”

CIO-Vortrag: “Komplementärmedizin: Grundlagen”

Weitere Informationen finden Sie auch beim Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums

S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung onkologischer PatientInnen:
https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/komplementaermedizin/

Dieser Artikel fasst die Erkenntnisse zu den wichtigsten Ansätzen zusammen:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/221314/Komplementaermedizin-in-der-Behandlung-von-onkologisch-erkrankten-Patienten

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