Situation von Lungenkrebspatienten in Deutschland

Die Diagnose ist beängstigend. Lungenkrebs ist die häufigste Krebstodesursache bei Männern und Frauen und tötet mehr Menschen als Darm-, Brust- und Prostatakrebs zusammen. Bei der großen Mehrheit der Betroffenen wird von Anfang an fortgeschrittener metastasierter Lungenkrebs festgestellt. Es besteht keine Chance auf Heilung.


Im Gegensatz zu anderen häufigen Krebserkrankungen haben diese Patienten keine Lobby in Gesellschaft und Politik. Wegen der hohen Sterblichkeit und auch infolge ihrer Stigmatisierung konnten sie bislang keine ausreichend wirkungsvolle organisierte Interessenvertretung aufbauen. Vor allem Patienten in molekular definierten Subgruppen des nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) finden zu wenig Unterstützung.


Immer mehr Lungenkrebspatienten und Angehörige berichten über ihre Erfahrungen in den sozialen Medien, manchmal inklusive geposteter Befundberichte, Arztbriefe und sogar CT-Bildern. Hierdurch werden die Unzulänglichkeiten bei Diagnostik und Therapie von Lungen­krebs in Deutschland für Betroffene transparent. Sie lesen von Fällen, in denen Mitpatienten nicht angemessen informiert und aktuelle S3-Leitlinien ignoriert werden, oder in denen Kliniken eine potenziell überlebenswichtige molekulare Diagnostik nicht veranlassen und damit den Verlust von Lebenszeit in Kauf nehmen. Keine oder eine unzureichende genomische Testung, unterlassene Biopsien sowie veraltete, weniger effektive oder in Einzelfällen sogar unwirksame Medikamente sind leider keine allzu seltenen Ausnahmen.


Es ist in Deutschland immer noch Glückssache, ob Patienten überhaupt auf Treibermutationen getestet werden und wenn ja, auf welche. Längst nicht alle für zielgerichtete Therapien geeigneten Patienten werden adäquat behandelt. Viele Tausend Lebensjahre gehen jedes Jahr unnötig verloren!


Im Alltag der Betroffenen machen personalisierte Therapien einen großen Unterschied: Sie ermöglichen vielen Patienten, ein normales Leben zu führen. Viele haben die Erkrankung jahrelang unter Kontrolle, manche mit einer kompletten Remission ohne Anzeichen von Tumoraktivität. Diese Patienten gehen mit Lungenkrebs um wie mit einer chronischen Erkrankung. Die meisten können ihr bisheriges Leben fortsetzen. Sie können weiterarbeiten, sich um ihre Familien kümmern und müssen eher selten stationär behandelt werden. Das bedeutet geringere emotionale und finanzielle Belastungen für Patienten und Angehörige.


Mit zielgerichteten Medikamenten behandelte Patienten sind im allgemeinen jünger, fitter, informierter und engagierter als “klassische” Lungenkrebspatienten. Sie nutzen verschiedene Medien zum Erfahrungsaustausch und Wissensaufbau. In Online-Gruppen können sie inzwischen viel Wissen über ihre spezifische Erkrankung anhäufen – und das kann im Einzelfall überlebenswichtig sein aufgrund der stark gestiegenen Komplexität bei Diagnostik und Therapie. Dass informierte Patienten länger leben, ist bei Lungenkrebs keine Phrase. Immer mehr Betroffene werden deshalb selber Experten und kennen ihre Optionen.

Bärbel Söhlke

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