Stellungnahme von Zielgenau e. V. zur Rücknahme von Amivantamab (Rybrevant®) vom deutschen Markt

Amivantamab (Rybrevant®) wurde vom Hersteller Janssen-Cilag im August 2022 mit sofortiger Wirkung vom deutschen Markt genommen. Das Medikament wurde erst im Dezember 2021 deutschland- und EU-weit für eine Patientengruppe mit fortgeschrittenem, nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom und aktivierenden Exon-20-Insertionsmutationen des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR) nach Versagen einer platinbasierten Chemotherapie zugelassen. Die Nutzenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) fiel Anfang Juli zu Ungunsten des Medikaments aus. Der Zusatznutzen sei nicht belegt, randomisierte Studien würden fehlen. Die Zulassung des Arzneimittels erfolgte aufgrund der positiven Ergebnisse der initialen Phase-I-Studie. Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DHGO), die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und die Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) der Deutschen Krebsgesellschaft hatten sich auch im aktuellen Verfahren für die Festlegung eines Zusatznutzens ausgesprochen. Der Hersteller hat nun eine schlechtere Verhandlungsbasis. Krankenkassen können hohe Rabatte einfordern. Somit geht es nicht mehr um eine medizinische, sondern um eine Kostenfrage.

Patientennetzwerk sieht Nutzenbewertung und Marktrücknahme kritisch

Als Patientennetzwerk für Personalisierte Lungenkrebstherapie sehen wir sowohl die Nutzenbewertung des G-BA als auch die Marktrücknahme seitens des Herstellers kritisch. Bei diesem Streit um Kosten und Nutzen bleiben vor allem die Patient:innen auf der Strecke: Den Betroffenen wird nun infolge eines formalen Methodenstreits (randomisierte Studien versus Akzeptanz von qualitätsgesicherten versorgungsnahen Vergleichsdaten) der Zugang zu dem potenziell überlebenswichtigen Medikament in Deutschland erheblich erschwert. Es wird in Kauf genommen, dass viele Patientinnen und Patienten das Mittel nicht mehr erhalten werden und unnötigerweise Lebenszeit verlieren. Das Medikament muss nun importiert werden, die Ärzteschaft und ihre Patient:innen müssen individuell um eine Kostenübernahme seitens ihrer Krankenkassen kämpfen. Zwei unabhängige und qualitativ hochwertige deutsche Register (nNGM und CRISP) haben eindrucksvoll mit ihren Daten belegt, dass es einen erheblichen Mehrwert für die betroffene Patientengruppe gibt, sich die Überlebenszeit beispielsweise fast verdoppelt. Hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität gibt es keine Bedenken. Von diesem Medikament profitiert nur eine kleine Patientengruppe mit hohem medizinischen Bedarf. Aber auch für kleine Patientenzahlen muss das deutsche Gesundheitssystem den Zugang zu aussichtsreichen Therapien sicherstellen. Patient:innen und ihre Ärzte müssen die Möglichkeit haben, sich für eine effektive und potenziell lebensverlängernde Therapie entscheiden zu können. Auch dann, wenn randomisierte Studien bei seltenen Patientengruppen gar nicht oder nur schwer durchführbar sind. Ein Ausweichen auf Real-World-Daten ist dann aus unserer Sicht notwendig. Bei Lungenkrebs stehen hierfür qualitätsgesicherte molekulare und klinische Daten der stetig wachsenden Datenbank des nNGM (nationales Netzwerk genomische Medizin) zur Verfügung.

Forderung nach Korrektur der Marktrücknahme

Den Hersteller Janssen-Cilag, der für sich in Anspruch nimmt, sich für den nachhaltigen Zugang zu innovativen Therapien auch bei kleinen Patientenzahlen in Deutschland einzusetzen, bitten wir eindringlich, die Marktrücknahme zu korrigieren, damit er diesem Anspruch gerecht werden kann.

Die Onkologie hat in den letzten Jahren einen gewaltigen Sprung nach vorne in Richtung innovativer und personalisierter Medizin gemacht. Wir fordern, dass nun auch alle Beteiligten konstruktiv zusammenarbeiten, um den Patientinnen und Patienten diese Fortschritte in vollem Umfang zugänglich zu machen.

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